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An geringerem Einkommen sind Frauen alleine schuld? Von wegen!

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«Warum machen Frauen nur so einen schlecht bezahlten Job?» In der Zeit berichtet eine junge Erzieherin davon, warum sie ihren Beruf ergriffen hat und wieso sie davon keine Familie ernähren könnte. Und in den Kommentaren zu dem Text geht es mal wieder zur Sache. Neben sehr differenzierten Bemerkungen machen auch wieder die üblichen Verdächtigen die Runde: Sie hätte sich ja für einen gut bezahlten mathematisch-technischen Beruf entscheiden können, statt ihrer sozialen Ader zu frönen. Kann ja ausser ihr keiner was dafür, wenn sie sich für so einen typisch weiblichen, unterbezahlten Job entscheidet.
Ach was?! Ist ja super, spielen wir das doch mal durch. Alle entscheiden sich nur noch für MINT-Berufe, weil sie möglichst viel verdienen wollen und spätestens wenn es an die Familienplanung geht, gucken sie ziemlich dumm aus der Wäsche, weil ja irgendwer die Kinder betreuen muss, während Mutti und Vati Apps entwickeln und Flugzeugteile konstruieren. Kommt vielleicht doch nicht so gut. Genauso wenig wie diese ewige Litanei über Frauen, die eben nur das bekämen, was sie dafür verdienen, dass sie so kurzsichtig waren, einen entsprechenden Beruf zu wählen. Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Als wären Bildungsarbeit, Kinderbetreuung und andere Care-Tätigkeiten lustige Hobbys, die man nicht ernst nehmen und für die man nicht bezahlen muss. Erzieherinnen und Erzieher haben einen Bildungsauftrag. Eine Kita ist eine Bildungseinrichtung – und kein Ort, wo sich ein Erwachsener reinsetzt, schaut, dass sich die Kleinen nicht die Köpfe einschlagen, und ansonsten Däumchen dreht bis Feierabend ist.
Es kann doch wirklich nicht angehen, dass sich diejenigen, die diese unglaublich wichtige und anstrengende Arbeit für zu wenig Geld machen, genau dafür auch noch Dummheit vorwerfen lassen müssen. Den Umstand, dass Menschen ihren Beruf aus Berufung ergreifen, mit schlechter Bezahlung und wenig Wertschätzung auszunutzen, ist schon eklig genug. Die will es ja sowieso, mit der kann man es machen.
Aber obendrauf noch so zu tun, als sei der Beruf ziemlich überflüssig und frau nicht recht bei Trost, sich für so eine Tätigkeit zu entscheiden, setzt dem Ganzen die Krone auf. Tagein, tagaus gefallen wir uns in Sonntagsreden über den Wert der Arbeit mit und für andere/n Menschen. Tatsächlich markieren wir sie als zumeist weiblich und ziemlich wertlos. Zeit, das zu ändern.
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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.