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Bedürfnisorientierte Erziehung: So begegnen Sie Besserwissern!

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Ganz ehrlich, manchmal komme ich mir vor wie ein Alien. In unserem Umkreis sind wir die einzigen, deren Baby auch mit 11 Monaten noch gestillt wird, das im Familien- statt im eigenen Bett schläft und dem kein Brei sondern Fingerfood gefüttert wird. Ach ja, und Tragen tun wir auch. Also im Klartext: wir verwöhnen unsere Tochter nach Strich und Faden mit Liebe und ziehen ein unselbstständiges kleines Balg heran. Hilfe!
Ich hätte mir vor der Geburt des kleinen Lebens nicht im Traum eine «bedürfnisorientierte Erziehung» (so heisst das) vorstellen können. Seid wir immer mehr diesen Weg eingeschlagen haben, merke ich immer öfter, dass er nicht der Norm entspricht. Ich treffe immer wieder auf die gleichen Aussagen. Hier 6 Beispiele – und meine Antworten dazu.
1. Ihr werdet das Kind nie aus eurem Bett bekommen!
- Ja, wenn die Lady mit ihrem ersten Freund zu Hause übernachten will, schicke ich sie dann schon in ihr eigenes Zimmer.
2. Das Kind muss doch selbständig werden, warum schläft es nicht im eigenen Zimmer?
- In der Tat, zurzeit arbeite ich aber noch an meinem Partner. Nach sechs Monaten habe ich ihn in sein eigenes Zimmer geschickt, leider hält er sich so gar nicht dran. Er schläft nicht gerne alleine und kommt nachts immer wieder rüber. Aber auch das lernt er noch.
3. Du hast nicht mehr genug Milch, das arme Kind wird ja gar nicht satt!
- Exakt, Mutter Natur hat das so eingerichtet, dass Frauen ab punkt sechs Monaten zu wenig bzw. zu wenig nahrhafte Milch haben. Die Erfindung des Pürierstabs geht übrigens zurück in die Steinzeit, als den Müttern diese Tatsache bewusst wurde. Nur dank des Pürierstabs ist die Menschheit noch nicht ausgestorben.
4. Das Kind wird nie lernen anständig zu essen, wenn du ihm nur Fingerfood gibst. Diese Sauerei!
- Völlig richtig. Das muss ein Baby mit 12 Monaten zwingend können, sonst ist Ende Gelände. Ich finde es aber auch total lässig, Broccoli aus den Haaren und vom Boden und vom Lätzli und von allem Möglichen zu pulen. Dafür kann sie Broccoli von Zucchetti unterscheiden, aber ja, im Magen kommt dann sowieso alles zusammen.
5. Warum nimmt das Kind keinen Nuggi? Deine Brust ist doch kein Nuggiersatz.
- Ja, absolut. Nuggis gabs ja auch schon seit Anbeginn der Zeit, bis die Mütter aus unerklärlichen Gründen ihre Brüste hinhielten. Völlig doof, ich weiss. Erklärst du das bitte unserer Tochter?
6. Du musst das Kind auch mal schreien lassen, dann lernt es, dass du nicht immer beim kleinsten Piep rennst.
- Bestimmt. Das Hirn eines kleinen, nicht jährigen Babys ist ja durchaus in der Lage, komplexe Gedankengänge wie «aha, ich hab zwar Hunger/Durst/Angst/die Windel voll, aber Mami hat erst in ein paar Minuten für mich Zeit, also alles easy» zu machen. Es kann zwar noch kein ganzes Wort sagen, geschweige denn die Uhr lesen, aber denken geht.
Welche Antworten gebt Ihr Besserwissern?
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Claudia Joller ist 1984 im Fricktal geboren und hat sich ins Luzerner Exil abgesetzt. Sie unterrichtet Wirtschaft und Gesellschaft an einer Berufsschule und ist seit Februar 2016 Mutter einer kleinen Tochter. Seit der Geburt ist eigentlich so gut wie gar nichts mehr, wie es vorher war und sie ist staunend freudig gespannt, was die Reise mit dem kleinen Leben an der Hand noch für Abenteuer für sie bereit hält. Alle Blog-Beiträge von Claudia Joller finden Sie hier.