Babys erstes Lebensjahr
Das erste Jahr der Wunder

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Endlich ist es da, das Baby! Irgendwie noch kaum zu fassen, dass das Wesen, das während neun Monaten verborgen vor unseren neugierigen Blicken im Mutterbauch herangewachsen ist, sich nun plötzlich zeigt. Ein Wunder, und jedes Einzelne ist das Schönste auf der Welt! Da liegt es, in den Armen der Mutter, hilflos und schutzbedürftig. Hilflos? Aber nein:
1. Der Geruchssinn ist angeboren
Schon unmittelbar nach der Geburt können Neugeborene, wenn sie bei der Mutter liegen, sich zur Milch spendenden Brust wenden. Ihr besonders gut ausgebildeter Geruchssinn weist ihnen den Weg. Sie erkennen die Stimme der Mutter, und obwohl sich ihre Sehschärfe erst in den nächsten Monaten ausbildet, ist ihr Interesse an lebendigen Gesichtern gross. Auch haben sie einen erstaunlich differenzierten Gesichtsausdruck und zeigen in den folgenden Wochen mit Mimik und kleinen Bewegungen, was sie brauchen. Reagieren die Betreuungspersonen nicht schnell genug, macht sich das Baby mit Schreien aus Leibeskräften bemerkbar.
2. Das erste Lächeln
Bereits in den ersten Tagen seines Lebens bezaubert das Kleine uns im Schlaf durch sein Engelslächeln, als wäre es die Hauptperson in einem himmlischen Traum. Ab dem zweiten oder dritten Monat lächelt es auch wenn es wach ist, oftmals spontan. Es verschenkt sein Lächeln an alle, die es anschauen und freut sich ungemein, wenn wir zurücklächeln. So nimmt es später, wenn es bereits sitzen kann, auch mühelos mit Fremden Kontakt auf und zieht sie in seinen Bann.
3. Kopf heben, Beinchen biegen und Greifen
Als erste motorische Errungenschaft kann der Säugling mit etwa drei Monaten seine Kopfhaltung kontrollieren. Sein Köpfchen muss nun nicht mehr gestützt werden, in Bauchlage gelingt es ihm immer besser, den Kopf zu hebe und sich forsch umzuschauen. In der Rückenlage geht das Baby in den ersten sechs Monaten dazu über, seine Beinchen zu beugen und entdeckt, dass es seine Zehen in den Mund stecken kann. Ist das Greifen in den ersten Monaten vom Greifreflex bestimmt, versucht das Kind bald, Gegenstände in seiner Nähe zu fassen und lässt sie erst wieder los, wenn es sie genügend erkundet hat.
4. Baby-Gebrabbel
Bereits nach dem ersten Monat gibt der Säugling verschiedenartige Laute wie «aa-aa», «oo-oo-oo» oder «guhr-guhr» von sich und wenn er sich freut, quiekt er vergnügt. Im dritten Monat werden es immer mehr singende Laute wie «are-are» oder «agne-agne». Nun gelingt es dem Baby auch immer besser, die Aufmerksamkeit der Eltern und Geschwister nicht mit Schreien, dafür mit Plaudern auf sich zu ziehen. In den ersten fünf Monaten bilden alle Kinder die gleichen Laute, egal in welchem Kulturkreis sie aufwachsen.
Danach beginnt das Kind immer mehr, seine Umgebung zu imitieren und erweitert gleichzeitig sein Repertoire an Lauten. Nach dem sechsten Monat setzt auch sein Sprachverständnis ein.
5. Vom Säugling zum Kauling
Zwischen fünf und neun Monaten sind die Verdauung, der Stoffwechsel und die Ausscheidung über die Nieren weit genug entwickelt, dass das Kind neben Säuglings- oder Muttermilch neue, schwerer verdauliche Nahrungsmittel zu sich nehmen kann. Mit den ersten Breimahlzeiten werden die wenigsten Baby satt. Meist saugen, schlürfen und mümmeln sie ein bisschen am Löffel, manch reagieren neugierig auf den neuen, interessanten Geschmack, die festere Konsistenz der Nahrung und versuchen vielleicht gar, diese mit der Zunge zu Rachen zu befördern; andere empfinden die ungewohnte Kost als eine Beleidigung für ihren Gaumen und wollen von liebevoll püriertem Mus vorerst nichts wissen. Mit neun bis zwölf Monaten können viele Kinder weich gekochte Speisen auf der Zunge zerdrücken und essen als Einjährige schon Erwachsenenkost. Am liebsten natürlich wie die Grossen: selbstständig mit dem eigenen Besteck.
6. Spielend die Welt entdecken
Das erste Spielzeug des Babys ist der eigene Körper. Unglaublich, was Hände alles können. Sie lassen sich drehen, wenden, falten, biegen, ineinander verkeilen, abknicken, in den Mund stecken, mit der Zunge erforschen und jedes Mal schmecken sie ein bisschen anders, mal eher süsslich, säuerlich, bitter oder nach Babyöl. Bald werden auch alle Gegenstände, deren das Kleine habhaft wird, in den Mund gesteckt und gründlich untersucht.
7. Ein kleines Persönchen
Als Eltern dürfen wir mit dem Kind miterleben, wie sich Schritt für Schritt seine Persönlichkeit entfaltet. Mit den Monaten zeigen sich die individuellen Anlagen, die ihm eigene Melodie, immer deutlicher. Ob ein fünf Monate altes Baby eine Rassel, die wir ihm hinstrecken, erst mal in Ruhe betrachtet und abwägend hin und her dreht oder gleich mit der Hand ergreift, heftig schwingt und fröhliche Gurr- und Gluckslaute ausstösst, hängt sicher von seinem momentanen Gemütszustand ab, aber auch von seinem Temperament.
8. Endlich mobil
Ab fünf Monaten kommt der Tag, an dem sich das Baby erstmals vom Bauch auf den Rücken dreht. Die Eltern müssen sich nun neu auf das Kind einstellen – es wird mobil. Bald schon dreht es sich in der Bauchlage womöglich im Kreis, robbt einige Zentimeter. Manchen Kindern behagt die geänderte Lage jedoch nicht, sie beginnen sofort zu protestieren, womöglich, um die neue Erfahrung zu wiederholen.
9. Der Radius wird grösser
Seit Monaten ist das Baby daran, sein Bewegungsspektrum zu erweitern, Muskeln zu stärken, Koordination zu erwerben. Geräte wie Wippen, Baby-Hopser oder Maxi-Cosi schränken seine Möglichkeiten ein und sind deshalb möglichst wenig, beziehungsweise nur wo nötig zu verwenden. Die Kinderärztin Emmi Pikler empfiehlt, das Kind alle neuen Bewegungen aus eigener Initiative, im eigenen Tempo erlernen zu lassen. Das Kind soll auch nicht aufgesetzt werden, solange es dies noch nicht selbst kann; zieht es sich an Möbeln und Hosenbeinen hoch, soll ihm nicht helfend die Hand gereicht werden – auch wenn es einem schwerfällt. Erst wenn es sich aus eigener Kraft aufrichten kann, ist der richtige Zeitpunkt fürs selbstständige Stehen, Gehen gekommen.
10. Entdecker und Abenteurer
Jetzt gehts ans Ausräumen, ans Durcheinanderkungeln, ans Herausfinden, was sich in welchen Schubladen und Schränken befindet, welche Materialien sich weich und flauschig anfühlen, welche kratzig, borstig, rau, porös, kalt oder hart. Es lernt, dass die Spielzeugente nicht einfach weg ist, wenn es sie vom Tisch gewischt hat. Und es zeigt zu - nehmend Interesse an Gleichaltrigen. Das Kind erobert die Welt.