Fremdbetreuung
Nanny: Die richtige Lösung für uns?
Von Anita Zulauf und Martina Schnelli
Sie kommt ins Haus, entlastet, entstresst den Alltag. Klingt perfekt. Ist es aber nicht immer. Eine Nanny im Haus wirft auch Fragen auf, die sich Familien zuvor beantworten sollten.
Die Richtige finden
Passt diese Frau zu uns und unseren Kindern? Mögliche Fragen und Aufgaben fürs Vorstellungsgespräch – neben dem Selbstverständlichen:
Okay, Sie können kochen. Machen Sie doch mal einen Wochen-Essensplan.
Wie gestalten Sie einen Tag? Könnten Sie einen Mustertag/Wochenplan entwerfen?
Was unternehmen Sie gerne?
Können Sie sich vorstellen, Hund/ Garten/Nachbarsjungen mit zu betreuen?
Wie pünktlich müssen Sie abends weg? Sind Ferien- und Wochenendeinsätze möglich?
Führerschein? Ist es okay, die Kinder zum Tennis, Turnen, Chor zu fahren?
Wie siehts mit einem gebastelten Geschenk fürs Grosi aus? Aufräumen eingeschlossen?
Wie sind Sie selber aufgewachsen? Wie beurteilen Sie das heute?
Was sind Ihre No-Gos?
Wie lief es mit Ihrer letzten Familie?
Referenzen? Nannykurs?
Adressen
Online-Vermittlungs-Seiten gibt es viele. Vorab gilt es zu klären, ob die Anbieter nur die Website pflegen oder auch die Kinderfrauen abchecken.
«Vielleicht brauchen wir erst mal eine Weile Ruhe von Nannys», seufzt A.U. (40). Die Übersetzerin und ihr Mann haben reichlich Erfahrung mit der Betreuung ihrer drei Kinder im eigenen Haus. Gute Erfahrungen und weniger gute.
Da war die warmherzige Nanny, die nicht kochen konnte, die überaus resolute Nanny, die auf die Erziehungswünsche der Eltern gepfiffen hat, die wunderbare Nanny, damals im Ausland, weil Kinder dort erst ab einem Jahr in die Krippe durften. Ab und an waren da Au-pairs, von denen eine am Wochenende ihre Zimmertür für die Kinder fest verschlossen hielt und drei traurige kleine Menschen klopfen und klopfen liess; Schwangerschaften von Nannys, fast-schon-Freundinnen als Betreuerin... Stets war jemand im Haus und am Tisch, der beinahe zur Familie gehörte, aber dann doch wieder nicht ganz.
«Manchmal gab es ja etwas, das ich mit meinem Mann allein besprechen wollte, dann mussten wir warten bis zum Schlafengehen», erzählt A.U.. «Deshalb denken wir gerade über eine andere Betreuungslösung nach. Aber es ist kompliziert.»
Ihre und andere Erfahrungen, die man so hört, mögen Einzelfälle sein: zauberhafte Mary-Poppins-artige Nannys, handysüchtige, liebevolle, unehrliche, dominante, hilflose... Alles Erlebnisse, die nicht zu verallgemeinern sind. Und doch gibt es ein paar generelle Fussangeln dieses Betreuungsmodells, über die Eltern stolpern könnten.
Deshalb: Gründlich nachdenken, bevor ein Vertrag mit der Nanny geschlossen wird.
Mögliche kritische Punkte:
♦ Künftig ist eine fremde Person im Haus. Allein mit den Kindern. Allein zwischen den allerpersönlichsten Dingen. Sie sitzt mit am Tisch und ist auch da, wenn man im Homeoffice-Tag aus der Dusche kommt. Ganz ehrlich: Das ist nicht jedermanns Sache.
♦ Scheidet die Nanny plötzlich aus (schwanger, krank, Streit mit der Familie), muss schnell eine andere Lösung her. Von heute auf morgen.
♦ Die Kinder binden sich an ihre Betreuerin. Kuscheln, Weinen nach der Nanny – ist alles möglich.
♦ Be a boss. Wer eine Kinderfrau beschäftigt, ist Arbeitgeber. Vertragliches und Konfliktgespräche inklusive.
♦ Nannys bleiben selten für immer. Wandel müssen alle ertragen können. Kinder tun sich manchmal schwer damit.
♦ Erziehungsvorstellungen sind nicht genormt. Die Betreuerin siehts vielleicht anders. Ist das okay?
♦ Die Nanny weiss alles. ALLES. Entweder von dem, was sie im Haus sieht und hört oder von den Kindern. Willkommen, «gläserne Familie».