Elisabeth Walder vom Malraum Baden über gestalterische Stolpersteine.
wir eltern: Was braucht es, damit Kinder zeichnen und malen?
Elisabeth Walder: Kinder lieben Kontraste. Sie brauchen deshalb weiche, gut gespitzte Farbstifte und Filzstifte mit Leuchtkraft, die nicht bereits ausgetrocknet sind. Und Papier in verschiedenen Grössen. Für Pinsel und Malfarben ist es vor dem Kindergartenalter noch zu früh.
Wo malt und zeichnet es sich am besten?
Malen ist eine normale, stille Beschäftigung. Deshalb ist das Zuhause der beste Ort, wenn es dort Möglichkeiten zum Malen gibt. Während die Mutter oder der Vater kochen, bügeln oder was auch immer sie gerade tun, kann das Kind in ihrer Nähe zeichnen. Denn Kinder malen am liebsten dort, wo die Familie ist.
Soll das Kind einen Malkurs besuchen?
Das ist nicht nötig, wenn es zu Hause malen kann. Ein weiterer Termin in der sonst schon vollen Woche ist oftmals bloss eine Belastung.
Wieso sollen Kinder ihren zeichnerischen Ausdruck entwickeln?
Zeichnen und Malen haben eine grössere Bedeutung als man meint, gerade für die kognitive Entwicklung. Heute gehen die Eltern mit den Kindern ins Frühenglisch, aber Malen wäre viel wichtiger. Zeichnerische Spuren hinterlassen, sich die Urformen aneignen, um mit ihnen die Welt nach einer inneren Gesetzmässigkeit zu gestalten, schafft Vertrauen in die eigene bildnerische Ausdrucksmöglichkeit.
Es gibt auch Kinder, die nicht gerne zeichnen. Woran liegt das?
Oftmals ist das bei Nachgeborenen so. Weil das ältere Geschwister schon viel besser zeichnet, glaubt das jüngere, es sei nicht gut genug. Oder es ahmt nach, was das grössere in seinem Entwicklungsprozess bereits vollzogen hat und überspringt diesen Schritt. Hier muss das Kind ermutigt werden, sodass es am Bild wachsen kann und erlebt, dass nicht die Leistung zählt, sondern der Ausdruck an sich.
Welche Fehler machen Eltern im Umgang mit Kinderzeichnungen?
Sie kommentieren den Bildinhalt, beurteilen und interpretieren. Das braucht das Kind nicht. Der Kommentar zu einem Bild hat in der Regel nichts mit der malenden Person zu tun, sondern vor allem mit dem Kommentator und wie dieser die Welt wahrnimmt.
Elisabeth Walder (68) ist Lehrerin, Malpädagogin und hat in verschiedensten Funktionen an Fachhochschulen gearbeitet. Sie ist Koautorin von «Sehreise. In Kindern Malfreude wecken.»