Bislang galt: Bis zu 10 Prozent der Väter ziehen ein Kind auf, das biologisch nicht ihr eigenes ist. Nun zeigt sich: Diese Zahl ist viel zu hoch.
Eine Forschergruppe rund um Erstautor Maarten Larmuseau von der belgischen Universität Leuven hat ihre Resultate im Fachblatt «Trends in Ecology & Evolution» veröffentlicht.
wir eltern: Herr Larmuseau, Schätzungen zufolge jubelt jede 10. Frau ihrem Partner ein Kind unter, das nicht von ihm ist. Eine komplette Fehlschätzung?
Maarten Larmuseau: Medien und (populär-)wissenschaftliche Literatur behaupten tatsächlich häufig, 10 Prozent der vermeintlichen Väter würden Kuckuckskinder aufziehen. Im letzten Jahrzehnt ist nun verlässliches Datenmaterial über die heutige Bevölkerung verfügbar geworden, vor allem als ergänzende Ergebnisse von medizinischen Studien. Es zeigt sich: Die geschätzte Quote ist relativ tief. Sie liegt nur bei 1 bis 2 Prozent.
Wie stark hängt diese tiefe Zahl mit modernen Verhütungsmitteln zusammen?
Larmuseau: In den verschiedenen untersuchten westlichen Kulturen hatten moderne Verhütungsmittel keinen Einfluss auf den Prozentsatz der Väter, die ein Kind aufziehen, das nicht von ihnen stammt. Die Quote hat sich nämlich über die vergangenen Jahrhunderte kaum verändert. Indem wir Auswertungen von genetischem Material mit gründlicher Ahnenforschung kombinierten, konnten wir Daten gewinnen, die gesicherte Aussagen über die Häufigkeit von Kuckuckskindern vor einigen Jahrhunderten ermöglichen. Diese Erkenntnis wurde selbstredend von manchen Soziobiologen nicht erwartet.
Darf davon ausgegangen werden, dass die Zahlen aus Belgien auch für die Schweiz gelten?
Larmuseau: Es gibt noch kein Datenmaterial für die Schweiz. Auf der Basis der Resultate für Flandern, Spanien und Italien gehen wir jedoch davon aus, dass die Zahlen in anderen westlichen Ländern wie der Schweiz nicht anders sein werden. Selbstverständlich benötigen wir jedoch empirisches Datenmaterial, um 100 Prozent sicher sein zu können.