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Serie: Familie und Finanzen
So wird der Traum vom Eigenheim wahr
Von Max Fischer
Experten sagen, worauf Familien beim Kauf von Haus oder Wohnung achten müssen.

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Wer eine Familie gründet oder bereits Kinder hat, kommt nicht darum herum, sich mit dem Thema Geld und Sicherheit auseinanderzusetzen. Wir helfen mit, die trockene Materie zu verstehen. Worauf müssen wir bei einem Hauskauf achten? Wie sorgen wir am besten vor? Welche Versicherungen brauchen wir? Und wie sparen wir für die Kinder? Diese und weitere Fragen beantwortet die «wir eltern»-Serie «Familie und Finanzen».
Die bereits erschienenen Beiträge der Serie finden Sie hier.
Die Zinsen sind rekordtief, Hypotheken waren noch nie so günstig wie jetzt. Klar wünschen sich viele Schweizer nichts sehnlicher als eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus: Jeder Dritte möchte sich in den nächsten zehn Jahren Wohneigentum leisten, bei den unter 30-Jährigen ist es sogar jeder Zweite. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag des unabhängigen Finanzdienstleisters Moneypark.
Gerade junge Familien sehnen sich danach, in den eigenen vier Wänden das Leben zu geniessen. Doch trotz der vermeintlich optimalen Rahmenbedingungen bleibt es oft beim Wunsch. Das liegt nicht daran, dass die Schweizer ständig über die Stränge schlagen und es nicht schaffen, Geld auf die hohe Kante zu legen. Im Gegenteil: Sie sparen viel – aber sie benötigen für den Kauf von Wohneigentum immer mehr Geld. In Zahlen: Zwischen 2006 und 2014 sparten Schweizer im Schnitt 12 Prozent des Haushaltseinkommens und damit deutlich mehr als Einwohner anderer Länder. Gemäss Moneypark legten aber im gleichen Zeitraum die Preise für Einfamilienhäuser um 38 Prozent und für Eigentumswohnungen gar um 60 Prozent zu. Das heisst: Es braucht deutlich mehr Eigenkapital, damit der Wohntraum wahr wird. Doch nicht allein das Eigenkapital stellt eine grosse Hürde dar, noch stärker ins Gewicht fällt die Tragbarkeit.
«Seit 2012 erfolgten mehrere einschneidende Regulierungsschritte, die den Immobilieneinkauf für viele Schweizer verunmöglichen», sagt Stefan Heitmann, CEO von Moneypark. Insbesondere der kalkulatorische Zinssatz von 5 Prozent ist für die meisten Erstkäufer die grösste Hürde. Das heisst: Obwohl die Zinsen seit Längerem im Keller sind, berechnen die Banken aus Sicherheitsgründen die Tragbarkeit von Hypotheken immer noch auf dieser Basis.
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André Wyss vom Finanzdienstleister Dörig & Partner in Aarau zeigt anhand von zwei Rechenbeispielen, was das bedeutet: «Bei Totalkosten von 800 000 Franken und Eigenmitteln von 160 000 Franken beträgt die jährliche Belastung durch Hypotheken samt Amortisation und Nebenkosten bei einem Zins von 5 Prozent 48 000 und bei 2 Prozent 28 800 Franken – das ist gerade für Mittelstandsfamilien ein gewaltiger Unterschied.»
Nicht nur er wünscht sich deshalb eine Lockerung dieser Praxis. Auch Stefan Heitmann moniert: «Ein plötzlicher und markanter Anstieg der Zinsen um mehr als 1 Prozentpunkt wird von den Experten gemäss der aktuellen Immobilienexperten-Umfrage ausgeschlossen. Selbst während der Immobilienkrise der 90er-Jahre gab es im Schweizer Markt keine Zinssprünge über 1,55 Prozentpunkte innerhalb eines Jahres. Auch mit einem kalkulatorischen Zins von 3 bis 3,5 Prozent wäre somit genügend Puffer vorhanden, um solche Zinsanstiege zu verkraften. Hinzu kommt, dass sich die Schweizer grossmehrheitlich für langlaufende Festhypotheken entscheiden und somit von einem Zinsanstieg zumindest mittelfristig gar nicht betroffen wären.» Für Heitmann ist klar: «Bei 3 Prozent würde der Traum vom Wohneigentum auch für die Mittelschicht mit einem Haushaltseinkommen zwischen 80 000 und 110 000 Franken je nach Eigenkapitaleinsatz wieder finanzierbar.»
Künftigen Wohneigentümern bleibt in jedem Fall nichts anderes als sparen, sparen, sparen. André Wyss empfiehlt, zuerst mit einem ehrlichen Budget zu starten: «Es ist wichtig, sämtliche Einnahmen wie Lohn und Nebenerwerb sowie die Ausgaben mit den Kosten für Haushalt, Auto, Ferien, Hobbys, Versicherungen und Steuern aufzulisten.» Und er rät, jeden Monat auch etwas für ein neues Auto oder eine unverhoffte Zahnarztrechnung auf die Seite zu legen.
Das Budget allein genügt jedoch nicht: Ohne Disziplin sind die Sparziele nicht zu schaffen. Wyss rechnet vor: «Wenn die Bank bei Hauskosten von 800 000 Franken eigene Mittel von 160 000 Franken verlangt, müssen Sie sechs Jahre lang jedes Jahr 25 750 Franken auf die Seite legen. Wenn Sie nur 10 000 Franken jährlich schaffen, dann müssen Sie 14 Jahre und 9 Monate sparen.»
Doch es gibt Alternativen. «Schauen Sie sich in Ihrer Verwandtschaft um», rät Wyss. «Ich ermuntere jeweils gut situierte Grosseltern, sich doch zugunsten ihrer Enkel für einen Erbvorbezug zu entscheiden.» Eine andere Möglichkeit ist ein zinsloses Darlehen von den Eltern oder von einem anderen Familienmitglied.
Und wie stehts mit dem Vorbezug von Pensionskassengeld? Tim Zemp vom VZ Vermögenszentrum rät ab: «Besser ist es, das PK-Geld zu verpfänden. Ein Vorbezug schmälert die Rente im Alter in der Regel erheblich, bei vielen Pensionskassen auch die Leistungen bei Tod oder Invalidität.» Anders bei einer Verpfändung: «Das Geld bleibt in der Pensionskasse, und der Versicherte erhält die vollen Leistungen.» Das Pensionskassenguthaben diene der Bank als Sicherheit. Im Gegenzug gewähre sie ein zusätzliches Hypothekardarlehen in Höhe von maximal 90 Prozent der verpfändeten Summe.
Er rät zudem zu einer Todesfallrisikoversicherung, damit im Ernstfall eine junge Witwe beim Wegfall des Lohnes ihres Mannes die Hypothekarzinsen weiter begleichen kann. Einig sind sich die Experten, wenn es um Kleinkredite für den Wohnungskauf geht: «Hände weg!»
Wer all diese Hürden genommen hat, muss sich noch für die richtige Hypothek entscheiden. Tim Zemp vom VZ Vermögenszentrum weiss: «Banken empfehlen mit Vorliebe Festhypotheken mit mittlerer Laufzeit – da haben sie die höchsten Margen.» Als besser für den Kunden erachtet er (zumindest teilweise) eine Libor-Hypothek. Er ist der Referenzzinssatz für kurzfristige Kredite und über die letzten zehn Jahre betrachtet die günstigste Hypotheken-Variante. Der Finanzvergleichsdienst Moneyland.ch weist darauf hin, dass die in Mode gekommenen Familien-Hypotheken nicht immer die günstigste Wahl sind. Meist sei die Zinsreduktion für Familien bezüglich Betrag und Laufzeit beschränkt.
Auf jeden Fall gelte es, möglichst viele Angebote zu vergleichen und auch zu feilschen. Laut Moneyland.ch sind die meisten Hypothekarzinsen nur «Schaufensterpreise» und deshalb nicht in Stein gemeisselt. Noch etwas: Vergleiche des Finanzvergleichsdiensts zeigen, dass Online-Hypotheken im Schnitt markant günstiger sind als die traditionellen Hypotheken bei Banken und Versicherungen.