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Anti-Trump-Erziehung
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

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zvg
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«Aber Mama, so einer kann doch nicht Präsident werden!». Meine 8-jährige letzte Woche. Nachdem ich ihr erklärt hatte, was Trump mit «You can grab’em by the pussy» meinte. Mit grossen Augen schaute sie mich an. «Aber nun werden alle Frauen gegen ihn stimmen, oder?» Ja, klar. Hätte man meinen können. War aber nicht so. Über die Hälfte weisser Amerikanerinnen haben trotz seiner sexistischen Aussagen (von den rassistischen du schlicht gelogenen ganz zu schweigen) für ihn gestimmt. Lasst das mal setzen.
Und nun stehe ich da. Versuche, meinen Kindern weiterhin beizubringen, dass sie anderen Menschen – egal welchen Geschlechts, Hautfarbe, Beruf, sexueller Orientierung – Respekt entgegenbringen sollen. Und das, obwohl Respektlosigkeit offenbar «in» ist. Nach Trumps Wahl haben die rassistischen und sexistischen Pöbeleien in den Staaten bereits zugenommen. Auf Twitter liest man stündlich Erfahrungen von jungen, schwarzen Frauen, denen gedroht wird, sie zu vergewaltigen und zu töten. Muslimische Frauen, die sich nicht mehr mit ihrem Kopftuch aus dem Haus trauen. Es ist nicht nur Trump und seine Unerfahrenheit, die beängstigen. Es sind auch (und vielleicht vor allem) seine Anhänger, die sich nun legitimiert fühlen, ihr Innerstes nach aussen zu kehren und davon ausgehen, nicht dafür belangt zu werden. Was bleibt ist die Angst der Minderheiten.
Als ich jung war, gaben mir meine Eltern etwas auf meinen Weg mit: Lass dir nichts gefallen. Du musst dich vor niemandem verneigen, niemanden schützen, der dir weh tun will. Du bist jemand und du verdienst Respekt. Genau dasselbe möchte ich nun natürlich meinen Kindern mitgeben. Aber wie? In einer Welt, in der ein vollkommen unerfahrener Lügner, der Frauen, Immigranten, Behinderte beleidigt, eines der mächtigsten Länder der Welt regiert?
Wie kann eine junge Frau heute denken, sie könne sich wehren, wenn sie den Fernseher einschaltet und sieht, dass ein mehrfach angezeigter Belästiger den höchsten Job der Erde kriegt? Ich fürchte mich jetzt schon vor ihrem ersten Mal, wenn meine Tochter sagen wird «Aber Mami, das bringt ja eh nichts». Nach allem, was wir Frauen erreicht haben, nun das. Der Anfang vom Ende?
Nein. Ich werde meiner Tochter jetzt wohl erst recht beibringen, dass sie für sich einstehen muss. Dass ein solches Benehmen nicht einfach mit einem Achselzucken akzeptiert werden kann. Dass sie sich wehren soll. Dass sie jemand ist und Respekt verdient hat. Dass ein NEIN ein NEIN ist.
Und meinem Sohn? Schliesslich liegt das Problem bei den Männern und eben nicht bei den Frauen (eine Verwechslung, die uns jungen Frauen damals an der Kanti ein Minijupe-Verbot einbrachte). Ich werde ihm beibringen, dass ein echter Mann es nie und nimmer nötig hat, Frauen schlecht zu machen. Dass Macht sich nicht auf diese Art messen lässt. Dass ein echter Mann jeden Menschen respektieren muss. Und das angrapschen unter gar keinen Umständen ok ist.
Trumps Wahl sendet ein Signal, dass Frauen betatschen entweder belohnt oder ignoriert werden soll. Das können wir doch so nicht stehen lassen, oder?
Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.