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Sich komplett zum Affen machen

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Ein ganzes Jahr ist mein Jüngster jetzt schon in meinem Leben und es war ein ziemlich anstrengendes Jahr. Tage an denen gezahnt, gekreischt und gebockt wird. Abende, an denen Theo einfach nicht einschlafen will. Nächte, in denen er schreit, krank ist oder um 3 Uhr anfängt, an seinem Bettchen zu rütteln. Dazwischen wird man mit Essen bespuckt, wickelt im Akkord und versucht sich irgendwie über die Zeit zu retten. Allerdings würde man auch so unfassbar viel verpassen, wenn man seinen Kopf einfach auf Autopilot schaltet und alles nur automatisch betreibt. Wozu hätte man dann noch so einen Zwerg gemacht? Einen, der beim Abendessen immer den Kopf schräg hält und mit den Geschwistern um die Wette lacht. Der es liebt, wenn man ihm in die Füsse beisst und jedem, der irgendwo liegt, erstmal auf den Bauch pustet. Wie grossartig ist das denn?!
Für beide Aggregatszustände – den «Stöhn, ich dreh gleich durch, kann es nicht schon Abend sein» aber auch den «Der ist so furchtbar süss, ich will noch drei von der Sorte» - ist es hilfreich, wenn nicht gar unerlässlich, albern sein zu können. Wie albern? So albern wie möglich. Mit den Ohren quietschen zu können, kann man immer gebrauchen. Gut, vielleicht nicht im Bewerbungsgespräch, aber mit kleinen Kindern. Wenn sie und man selbst total gestresst ist und einem nichts mehr einfällt. Und wenn es darum geht, ihn noch ein glucksendes Lachen mehr zu entlocken. Sich selbst zu ernst zu nehmen, hilft einem da nicht weiter. Stattdessen setzt man sich besser Hosen als Mützen auf, produziert Lippenfürze und macht möglichst unterhaltsame Gesichtsausdrücke. Am besten ist es, wenn man noch ein paar Asse im Ärmel hat. Ich kann zum Beispiel:
- Wie schon erwähnt mit den Ohren quietschen (Ja, man kann mich auch für Konzerte buchen)
- Mit einer Hand klatschen
- Etwa 100 Popschnulzen singen (hilft beim Zubettbringen)
- Meine ausgestreckte Zunge mit hoher Geschwindigkeit ein- und ausrollen
- Alle Geräusche der Sendung mit der Maus nachmachen
Und für die älteren Geschwister, die über solche Tricks nur noch müde lächeln können:
- Laufe ich im Lotussitz 20 Meter auf Knien ohne mich dabei einmal abzustützen
- Biege ich meinen rechten Daumen bis zum Knöchel
- Verknote ich meine Finger zu einer Treppe
Muss man das als Vater drauf haben? Sicher nicht.
Hatte ich als Kind häufiger Langeweile? Es sieht ganz danach aus.
Aber eines steht fest: Um sich für seine Kinder zum Affen zu machen, ist man nie zu alt.

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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.