Mutterschaft und Beruf
Die Karriere und den Kuchen

Karrierefrau und Mutter: Michelle Pfeiffer in «One fine day».
In Hollywood sieht Vereinbarkeit so aus: Michelle Pfeiffer, aufstrebende Architektin und leicht kontrollfreakige Mutter von Sammy, und George Clooney, Maggies schutzliger Vater und Kolumnist auf Star-Kurs, haben beide das selbe Problem: Kids, einen Job und eine ganze Menge Erwartungen auf den Schultern. Auf allen Ebenen ringen sie um Erfolg: emanzipatorisch (sie), investigativ (er), elternteiltechnisch (beide). Die Schöne und Mr. Charme haben an diesem turbulenten Tag («One Fine Day») den Anschluss an den Schulausflug verpasst. Nun tun sie sich notgedrungen zusammen, um die Termine des Tages an den Kindern vorbeizuschiffen. Oder die Kinder an den Terminen. Wie man es nimmt.
Frauen sind wichtiger, als sie denken
Warum hier diese Romanze von 1996 noch einmal auffrischen? Weil damals schon alles erst wirklich gut kam, als die Frau die Waffen streckte. Als sie aufstand und ihrem Chef wie ihren Kunden trocken mitteilte, dass sie das Treffen nun abbreche, weil sie zum Fussballspiel ihres Sohnes muss. So viel für ihre Karriere, denkt man. Die Kündigung hat sie morgen schriftlich auf dem Tisch. Doch der Kunde, Hollywood sei dank, sagt nach einer Kunstpause: Die Frau gefällt mir. Die Wirklichkeit ist nicht immer so gut inszeniert. Nur schon die Besetzung: Die wenigsten Mütter tragen ihr Deuxpièces so gut wie Ms. Pfeiffer. Dann die Story: Kinder und Jobs trotz jeder Menge unvorhergesehener Turbulenzen so stilsicher vereinen, kann man nur im Film. Im Leben geht es bekanntlich an die Substanz. In der Realität lauert ein schlechtes Gewissen, Sorge um die Kinder, Leistungsdruck, Frust. Und immer mal wieder kommt der Gedanke auf: Morgen kündige ich und werde Vollzeitmutter. Halt!, rufen zwei Journalistinnen in ihrem Buch «Womenomics» und bieten einen «Crashkurs» an, der aus dieser Falle führt. Noch nie seien die Chancen so gut gestanden, dass Frauen und Mütter endlich Gehör finden und flexible Arbeitszeiten. Tatsächlich war die Arbeitswelt noch nie so sehr auf Frauen angewiesen wie jetzt: Frauen stellen die Mehrheit der Uniabgänger in der Schweiz, zudem 45 Prozent der qualifizierten Arbeitskräfte auf dem Markt. «Wenn es um Neueinstellungen geht, stehen Frauen ganz oben auf der Wunschliste vieler Unternehmen. Nur haben Sie keine Ahnung, wie wichtig Sie geworden sind (...)», argumentieren Katty Kay und Clarie Shipman. Die eine ist Washington-Korrespondentin für BBC und Mutter von vier Kindern; die andere arbeitet als USA-Korrespondentin für ABC und hat zwei Kinder. Frauen hätten zur Zeit die besten Karten in der Hand. Warum? «Weil Unternehmen, die mehr Frauen in Führungspositionen haben, mehr Geld erwirtschaften. So einfach ist das.»
Die richtigen Fragen stellen
Das ist nur eine von zahlreichen interessanten Feststellungen im Band, aber eine grundlegende. Er stützt sich weiter auf Einsichten wie: Da Frauen kaufkräftige Konsumentinnen sind, braucht es Frauen in den Hersteller-, Marketing-, Verkaufsfirmen. Oder: Frauen, die neben dem Büroleben noch ein anderes führen, arbeiten effizienter, konzentrierter. Aber auch: Ausgeglichenheit und Zufriedenheit ist mit keinem Gehalt der Welt zu bezahlen, aber vielleicht können zwei entspannte Stunden am Abend mit den Kindern dahin führen. Selbst für Skeptiker von praktischen Übungen liefert «Womenomics» inspirierenden Stoff. Weil das Buch kein Lehrbuch sein will, sondern Denkanstoss. Und die richtigen Fragen stellt. So passt auch der anektotische Schluss, der davon erzählt, wie Michelle Obama vor einem Bewerbungsgespräch der Babysitter abhanden kam, wie sie ihre Tochter in letzter Sekunde mit ins Auto setzte, zum Interview mitnahm und sich dachte: So sieht man gleich, dass bei mir die Familie an erster Stelle steht. Obama hatte neben dem Kind wohl noch andere gute Argumente dabei. Jedenfalls bekam sie den Job.
Tipps
- Definieren Sie selbst, was Erfolg für Sie bedeutet. Mehr Zeit? Dann ist das Nein zum Karriereschritt kein «Zurückkrebsen», sondern konsequent.
- Lernen Sie «Nein» sagen: Wer jede Aufgabe übernimmt, wird nie fertig. Kommt ein Nein Ihnen nur schwer über die Lippen? Dann haben Sie immer eine Liste mit Verpflichtungen dabei. Sie hilft, wenn man eine Bitte abschlagen muss.
- Sagen Sie niemals Ja, nur um einen Konflikt zu vermeiden, das macht alles nur schlimmer (weil Sie später Nein sagen werden müssen ...).
- Arbeiten Sie effizienter statt mehr: Stellen Sie die Funktion in Ihrem Computer ab, die neue Nachrichten anzeigt. Checken Sie Ihre Nachrichten zweimal am Tag, um 11 und um 16 Uhr. Laut dem sogenannten 80/20-Prinzip stammen 80 Prozent des produktiven Arbeitsergebnisses aus 20 Prozent Aufwand.
- Trennen Sie Geräte für Arbeits- und private Zwecke. Setzen Sie klare Grenzen: Rufen Sie nach 19 Uhr keine E-Mails mehr ab.
- Es lohnt sich, die «Kunst der Selbstdarstellung» zu lernen. Perfektionistinnen herhören: Es ist okay, einfach gut zu sein. Man kann Dinge delegieren und soll es auch.
- Verhandeln Sie niemals, wenn Sie wütend sind. Niemals.
- Seien Sie sich im Klaren darüber, was Sie verlangen wollen. Und womit Sie leben könnten.
- Rechnen Sie mit Einwänden Ihres Chefs und entschärfen Sie sie: Flexible Modelle sind Mehrarbeit für den Chef, machen den Arbeitsplatz aber attraktiver.
- Seien Sie sich bewusst, wann Sie aufhören müssen: «Wenn Sie wirklich alles versucht haben und dennoch nicht die Vereinbarung bekommen, die Ihnen vorschwebt, und Ihr Chef nicht von seiner Position abrückt, dann ist es Zeit zu gehen.»
Buchtipp
Claire Shipman, Katty Kay:
«Womenomics. 1. Bestimmen Sie Ihre eigenen Erfolgsregeln. 2. Leben und arbeiten Sie so, wie Sie es wirklich wollen.»
Eichborn Verlag.