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Was Eltern nicht wissen dürfen
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

20 Minuten

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Als ich eine junge Frau war, flog ich alleine nach Afrika, um meinen damaligen Freund da zu treffen. Diese Tatsache alleine war schon Material genug, meine Mutter in den frühzeitigen Ruhestand zu schicken. Sie hatte fürchterliche Angst um mich und ermahnte mich damals 1'000 Mal, wenigstens ein paar Mal anzurufen während meiner Ferien. (Was in den 90ern ohne Handy und Internet weitaus schwieriger zu bewerkstelligen war als heute. Fazit: Sie musste fast eine Woche auf meinen ersten Anruf warten, wegen Stromausfall, beschädigten Telefonleitungen und.. naja, Afrika halt.)
Da ich ihr nicht noch mehr Angst machen wollte, verschwieg ich ihr natürlich erfolgreich, dass ich ein River Rafting auf dem Zambezi plante. Damals noch ohne Helm und Sicherheitsvorkehrungen. Yeeehaaa! Wenn sie das gewusst hätte, hätte sie mich persönlich abgeholt und an den Ohren in die Schweiz zurückgeschleift.
So ging es sicherlich vielen Jugendlichen. Eltern müssen nicht alles wissen. Zumindest nicht zu dem Zeitpunkt, an dem es passiert. Das gibt dann die lustigen Geschichten an Weihnachten, wenn man seine Abenteuer «beichtet». Und sodann auch die eigenen Eltern mit alten Geheimnissen rausrücken. Wenn die eigenen Kinder zuhören kann man nur hoffen, dass sie dabei nicht auf dumme Gedanken kommen. Aber das werden wir Jahre später hoffentlich erfahren!
Trauriger finde ich jedoch, dass offenbar viele Menschen Geheimnisse in Bezug auf ihre Sexualität haben (müssen). Auf 20min.ch konnte man letzte Woche die eigenen Geheimnisse vor den Eltern mitteilen. Da erwartete ich lustige Geschichten, die man als Jugendliche den Eltern verheimlicht hat. Was auf 20min.ch jedoch zu lesen ist, sind Geständnisse, welche oft die Sexualität der «Beichtenden» betrifft.





Natürlich sind die Eltern in Sachen Sex nicht die beliebsteten Ansprechpartner. Schliesslich mag man sich als Kind ja kaum vorstellen, dass wir aus genau diesem Grund überhaupt auf der Erde sind: Unsere Eltern hatten Sex miteinander. Iiik!
Aber gerade sexuelle Präferenzen, wie Homosexualität, erste Erfahrungen oder eine gewisse Promiskuität sind für's Leben sehr prägend. Ist es da nicht traurig, dass man mit seinen Eltern nicht darüber reden kann? Dass man ihnen nicht erzählen kann, wenn man verliebt ist? Bloss weil dieser Mensch vom selben Geschlecht ist? Oder das erste Mal? Oder dass man mit diversen Menschen seinen Spass hat?
Natürlich weiss ich nicht, wie es mal mit den eigenen Kindern wird und die Vorstellung, dass sie mal Sex haben werden, ist noch weit weg. Aber ich hoffe vor allem, dass sie Spass dabei haben, immer nur gegenseitig gewollten Sex haben und ihre Sexualität eben so ausleben dürfen, wie sie es wollen. Und entsprechend keine Geheimnisse vor mir haben werden. Oder was meint ihr?
Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.