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Wie schön müssen Mamis denn im Kreissaal sein?

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zvg
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Ich habe mir diese Frage, über die ich mich seit letzter Woche richtig ärgere, mal ausgeliehen. Und zwar von dem Drogeriemarkt DM Österreich. Der hat doch letzte Woche auf seiner Webseite tatsächlich behauptet, dass sich ein Grossteil der Schwangeren Gedanken über rasierte Beine und manikürte Füsse im Kreissaal macht. Mal abgesehen davon, dass es – wenn überhaupt – pedikürte Füsse wären, an dieser Stelle ein herzliches What The Fuck?! Oder wie es eine Frau auf Twitter formulierte:
- «Hauptsache ich bin perfekt geschminkt, während ich unter den Presswehen ins Entbindungsbett kacke.»
Jetzt ist der Schönheitswahnsinn also bei Gebärenden angekommen. Eigentlich nur folgerichtig. Zwischen dem After-Baby-Body und Fitnessvideos von hochschwangeren Frauen
war ja noch Platz. Was liegt da also näher, als dreist zu behaupten, dass Gebärende in diesem Bereich auch mal was für sich tun sollten, weil sie ja wohl nicht aussehen wollen wie «eine geschlauchte Zombie-Mama». Dachte sich auch DM Österreich und kombinierte das Ganze mit einer kleinen Umfrage und dem Tipp, frau möge doch wasserfeste Schminke nehmen – wegen der zu erwartenden Schweissarbeit. Was die Verantwortlichen allerdings nicht erwartet haben, war Protest gegen ihre Ideen zur Gebärendenverschönerung. Deshalb haben sie die entsprechende Seite auch aus dem Netz genommen. Aber naja: Der Newsletter zum Thema ist schon verschickt

und der obligatorische Bullshitscreenshot

gehört zum journalistischen Standardrepertoire. Deshalb an dieser Stelle noch mal einen Glückwunsch an die DM Menschen zum subtilen Druckaufbau auf schwangere Frauen, denen ihr Aussehen ja nur scheinbar egal sein kann und die sich ALLE Gedanken um Kleidung und Kosmetikartikel gemacht haben.

Zur Klarstellung: Selbstverständlich haben Frauen ein Recht darauf, für ihre Entbindung perfekt gestylt sein zu wollen. Wenn es ihnen gut tut, ist das doch wunderbar. Aber darum geht es hier gar nicht. Es geht um müssen. Um eine Verpflichtung und nicht um ein Angebot. Es geht um Druck und übergriffige Schönheitsnormen zu einem Zeitpunkt an dem man einmal, ein einziges verdammtes Mal die Verpflichtung fühlen sollte, Frauen und ihre Körper mit seinem Produkteschwachsinn nicht zu behelligen. Ist das wirklich zu viel verlangt?! Muss man wirklich in dieser süsslich lächelnden Scheinheiligkeit Frauen unter der Geburt belästigen und wenn man bei dem Versuch erwischt wird, es nur gut gemeint haben wollen und man wird ja wohl noch mal fragen dürfen.
Nee, wird man nicht. Allerspätestens an dem Punkt ist die Grenze überschritten.
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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.