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Babys Schlaf
Chaos mit dem Rhythmus
Super-Nannys schwören darauf, Ratgeber predigen ihn und viele Eltern suchen verzweifelt danach: Babys Rhythmus.
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Babys Schlaf
Super-Nannys schwören darauf, Ratgeber predigen ihn und viele Eltern suchen verzweifelt danach: Babys Rhythmus.
Leben ist Rhythmus. Der ewige Wechsel von hell und dunkel, Wachen und Schlafen, Anstrengung und Ruhe, Werden und Vergehen – die ganze Welt ist einem Grundrhythmus unterworfen. Beim Neugeborenen ist dieser Rhythmus allerdings noch unreif. Kein Wunder. In der Gebärmutter gab es Nahrung und Geborgenheit rund um die Uhr und nur geringe Lichtveränderungen. Man weiss, dass Ungeborene tagsüber fast gleich viel schlafen wie nachts. Nach der Geburt muss das Kind also lernen, seine Schlafenszeiten vor allem auf die Nacht zu verlegen und mehrere Stunden am Stück zu schlafen. Dabei helfen ihm zwei Systeme: Das eine ist die innere Uhr, auch zirkadianer Rhythmus genannt; er orientiert sich am Tageslicht, aber auch an alltäglichen Aktivitäten, die immer etwa zur gleichen Zeit erfolgen wie Essen, Baden, Pyjama anziehen. Das andere ist die Fähigkeit des Gehirns, genug Schlafdruck auf- und im Schlaf wieder abzubauen. Dies nennen die Fachleute Schlafhomöostase. «Der zirkadiane Rhythmus ist schon nach der Geburt funktionstüchtig, die Schlafhomöostase hingegen entwickelt sich erst zwischen dem zweiten und dritten Monat», sagt Peter Hunkeler, Oberarzt an der Abteilung für Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich.
Das bedeutet, dass nur wenige Säuglinge in den ersten Wochen nach der Geburt fähig sind, sechs bis acht Stunden ohne Unterbruch zu schlafen; man kann also einen Säugling, in der Hoffnung auf eine längere Schlafphase, nicht länger wach halten. In Zahlen ausgedrückt: Nach vier Wochen schlafen 10 bis 20 Prozent der Babys durch, nach sechs Monaten 75 Prozent. Einig sind sich die Fachleute, dass ein Baby nicht daran gewöhnt werden sollte, an der Brust oder mit dem Schoppen einzuschlafen. Sobald sein Erinnerungsvermögen entwickelt ist, also zwischen dem sechsten und neunten Monat, wird es nämlich die liebgewonnene Gewohnheit nur ungern aufgeben. Eine Frage der Reife ist auch die Häufigkeit der Nahrungsaufnahme: Die meisten Babys können erst nach drei bis sechs Monaten eine Nacht lang ohne Nahrung sein.
Es gibt allerdings auch Kinder, die den eigenen Rhythmus nicht finden – sei es, weil die Geburt traumatisch war oder etwas anderes Stress verursacht. Auch im Kinderspital Zürich empfiehlt man diesen Eltern regelmässige Mahlzeiten, Schlafenszeiten, wiederkehrende Rituale. «Wenn die Mutter erschöpft ist, hilft ein strukturierter Tagesablauf, er gibt dem Kind Sicherheit und Geborgenheit», sagt Kinderarzt Hunkeler. So fällt es den Eltern leichter, die Signale des Babys richtig zu deuten und seine Bedürfnisse erkennen zu lernen.