Schlafen und Schlafrhythmus
«Eulen» und «Lerchen» in der Schule

Interessant: am Vortag Gelerntes wird zudem vor allem im letzten Drittel des Schlafes verarbeitet.
«Jugendliche vor neun zu unterrichten, ist ziemlich unproduktiv», sagt Till Roenneberg. Der Professor für Chronobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität München entdeckte in einer gross angelegten Untersuchung, dass Buben und Mädchen im Alter von 12 bis 14 Jahren zu Eulen mutieren. Als solche bezeichnen Schlafforscher und Chronobiologen Menschen, die erst spät einschlafen können und morgens kaum aus den Federn kommen. Über die Ursachen spekulieren die Wissenschaftler noch.
Dass sie abends nicht zur Ruhe kommen, liegt an ihrer inneren Uhr. Und die tickt schon im Kindesalter nicht bei jedem gleich. Die frühen Vögel, unter Chronobiologen Lerchen genannt, sind vor allem morgens fit und leistungsfähig. Es fällt ihnen leicht, zu einer vernünftigen Zeit einzuschlafen. Dieses biologische Zeitprogramm hängt nicht nur vom Alter ab. Es ist, wie auch die Augen- oder Haarfarbe, eine Frage des Erbgutes. Erst kürzlich entdeckten Wissenschaftler ein bestimmtes Gen, das bei Morgenmuffeln bedeutend kürzer ist als bei Frühaufstehern.
Die innere Uhr bestimmt
Das Einschlafen wird hauptsächlich von der erwähnten inneren Uhr bestimmt. Selbst bei chronischer Übermüdung stellt sie nicht automatisch auf eine frühere Schlafenszeit um. Sie bietet im Gegenteil gegen Ende des Tages nochmals alle Reserven auf, um das Einschlafen zu verhindern. «Bei Jugendlichen wirft die innere Uhr diese Maschinerie eher spät an», weiss Till Roenneberg.
Am Morgen hat die innere Uhr ausgetickt, denn dann übernimmt der Wecker das Regime. Er klingelt bei allen Schulkindern zwischen 6 und 7 Uhr. Vor allem Oberstufen-Schüler befinden sich aber zu dieser Zeit in einem richtigen Formtief und sind in den ersten zwei Unterrichtsstunden kaum aufnahmefähig.
Am Vortag Gelerntes wird zudem vor allem im letzten Drittel des Schlafes verarbeitet und mit den frühen Unterrichtszeiten raubt man ihnen genau diesen Schlaf. Da erstaunt es wenig, wenn die wenigen Lerchen unter den Schülern deutlich bessere Noten schreiben als die Morgenmuffel.
Forscher der Universität Leipzig konnten das in einer Studie an über 1000 Schülern kürzlich beweisen. «Das heisst keinesfalls, dass Frühaufsteher intelligenter sind», betont Studienleiter Professor Christoph Randler. Aber sie hätten das Glück, in jenen Stunden des Tages herausgefordert zu werden, in denen sie munter und leistungsfähig seien. Christoph Randler wie Till Roenneberg plädieren aufgrund ihrer Untersuchungen für einen späteren Schulbeginn und stehen mit diesem Wunsch alles andere als alleine da.
Mehr Tageslicht, bitte
Kann man die innere Uhr nach vorne stellen? Am besten funktioniert das mit Tageslicht. Es sagt der inneren Uhr, wann es Tag und Nacht ist, und sorgt so für einen ungefähren 24-Stunden-Rhythmus. Das Eulendasein vieler Menschen liegt nämlich laut Till Roenneberg auch daran, dass «wir heute selten Licht sehen». Der Himmel gibt aber selbst an bewölkten Tagen 10 000 Lux ab, während man drinnen je nach Fenstergrösse und Lage des Hauses bis zu 1000 Mal weniger Licht misst.
Auch in den Gebäuden bräuchte es laut Till Roenneberg mehr Tageslicht. In einem hellen, mit vielen Fenstern ausgestatteten Schulzimmer lernt es sich effizienter. Lehrer könnten auf den Biorhythmus der Schüler Rücksicht nehmen und in den ersten zwei Unterrichtsstunden auf Prüfungen verzichten.
Einige Tipps für einen besseren Schlaf
Kontinuität hilft
Schlafrituale sind auch für Schulkinder eine grosse Hilfe. Gemeint ist damit, dass die Abende kurz vor der Bettzeit immer etwa gleich ablaufen.
Den Groll nicht ins Bett nehmen
Streit ist ein schlechtes Ruhekissen und wird daher besser tagsüber ausgefochten.
Lesen, Malen, SMSlen
Kurz vor der Schlafenszeit sollten nur noch ruhige Tätigkeiten wie Lesen, Malen oder Aufräumen auf dem Programm stehen. Bei älteren Kindern spricht nichts dagegen, dass sie sich noch kurz an den Computer setzen, um sich im MSNMessenger oder auf Facebook von Freunden zu verabschieden. Auch gegen das Verschicken von SMS ist nichts einzuwenden – sofern das Handy danach abgestellt wird.
Fernsehen? Nein
Fernsehen und Videospiele stimmen nicht auf Schlaf ein. Sie sollten rund eine Stunde vor der eigentlichen Bettzeit ausgeschaltet werden.
Ein Bad
Beruhigend wirkt ein warmes Bad. Die Wirksamkeit des alten Hausmittels wurde inzwischen in klinischen Studien nachgewiesen. Durch das Bad werden die peripheren Gefässe erweitert, was die Körpertemperatur senkt. Weil diese kurz vor dem Einschlafen ebenfalls sinkt, wird der Badende herrlich müde.
Die gute alte warme Milch mit Honig
Das ideale Gute-Nacht-Getränk ist warme Milch mit Honig. Hier die wissenschaftliche Erklärung: Milch ist reich an der Aminosäure Tryptophan, die der Körper für den Aufbau des schlaffördernden Serotonins benötigt. Dank dem Honig kann er die Aminosäure besonders gut aufnehmen.
Einmal Vielschläfer, immer Vielschläfer
Weil das Schlafbedürfnis angeboren ist, können Eltern davon ausgehen, dass ein Kind, das als Baby viel geschlafen hat, auch im Schulalter eher ein Langschläfer ist.