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Stillen
Stillschwierigkeiten: Natürliche Hilfen
Von Anja Huber
Wunde Brustwarzen, Milchstau und Co. erleben viele Mütter während der Stillzeit. Die besten natürlichen Hilfen bei Stillschwierigkeiten.
Stillen ist natürlich, wunderbar innig – und bisweilen schmerzhaft. Vier von fünf Frauen kennen besonders zu Beginn der Stillzeit das Gefühl schmerzender Brustwarzen. Auch Milchstau ist ein häufiges Problem. Damit es in der Stillzeit erst gar nicht zu Komplikationen kommt, ist vor allem die richtige Anlagetechnik wichtig. Stillberaterinnen und Hebammen zeigen jungen Müttern die besten Positionen, damit der kleine Babymund den ganzen Vorhof und nicht nur die Brustwarze beim Trinken umschliesst. Denn saugt das Baby nur an der Brustwarze, wird diese stark strapaziert. «Auch sollte man die Stillpositionen öfter wechseln, damit die Brustwarze nicht ständig an derselben Stelle am stärksten beansprucht wird», rät Denise Degen, Stillberaterin am Kantonsspital St. Gallen. «Zudem das Baby nicht zu lange während einer Mahlzeit saugen lassen, sondern besser öfter stillen – schon bei den ersten Hungeranzeichen und nicht erst, wenn es vor Hunger schreit.» Hat das Baby fertig getrunken, den kleinen Mund nie abrupt von der Brust lösen, sondern vorsichtig einen Finger in den Mundwinkel schieben, um den Unterdruck aufzulösen.
Nach dem Stillen etwas Muttermilch auf den Brustwarzen verteilen und an der Luft trocknen lassen; sie enthält entzündungshemmende und heilungsfördernde Stoffe. Erst nach dem Trocknen wieder den BH anziehen und immer frische Stilleinlagen einlegen. Viele Fachfrauen schwören auf Einlagen aus naturbelassener Wolle oder Seide. Diese Materialien wirken bakterienabweisend, entzündungshemmend und heilend. Zudem sind sie atmungsaktiv – ebenfalls wichtig, um die Brust gesund zu erhalten.
Wichtig ist auch die richtige Hygiene: Öfter Händewaschen, natürlich grundsätzlich nach der Toilette und dem Windelwechsel, aber auch vor dem Stillen. Die Brüste einmal täglich mit einer pH-neutralen Seife reinigen. Denise Degen rät, auf duftende Duschgels, Cremes, Deos und Parfums in Brustnähe zu verzichten, da sie nicht nur die Haut entfetten und reizen, sondern auch das feine Näschen des Babys irritieren, sodass es die Brust ablehnen könnte.
♦ Berufsverband Schweizerischer Still- und Laktationsberaterinnen (BSS):
➺ stillen.ch
♦ Info-Plattform der Stillförderung Schweiz:
➺ stillfoerderung.ch
Kommt es dennoch zu wunden Brustwarzen, ist schnelle Hilfe nötig. Jede Mutter in der Schweiz hat im Rahmen der Grundversicherung einen gesetzlichen Anspruch auf drei Stillberatungen pro Geburt. «Schon bei kleinen Problemen sollte man diese Hilfe annehmen», appelliert Degen, die sich auch im Vorstand des Berufsverbands Schweizerischer Still- und Laktationsberaterinnen (BSS) engagiert. «Dann kann man weitere Komplikationen gut verhindern.»
Damit wunde Brustwarzen schnell wieder abheilen, helfen diese natürlichen Tipps:
Frische Luft: Daheim häufiger oben ohne herumlaufen, um Stauwärme und Druck auf die Brustwarzen zu vermeiden. Sonst möglichst luftige Kleidung tragen.
Wollfett: Heute wird die sogenannte feuchte Wundheilung propagiert. In der Stillzeit hat sich dafür gereinigtes Wollfett (Lanolin) bewährt. Es ist neutral und macht dem Baby nichts. Nach jedem Stillen mit sauberen Händen vorsichtig auf den Brustwarzen verteilen. Auf andere Cremes, etwa Vaseline, grundsätzlich verzichten. «Sie könnten das Kind mit Schadstoffen belasten», warnt die Stillberaterin.
Heilwolle: Auch naturbelassene Schafswolle hat einen sehr hohen Lanolingehalt und wird deshalb gerne auf wunde Brustwarzen gelegt.
Homöopathie: Bewährt hat sich die Einnahme von Arnica. «Aber bitte nur in der Potenz D12», sagt Denise Degen. Sie empfiehlt, die Mittel mit einer Expertin für Homöopathie abzusprechen.
Stillhütchen: Durch ihren Einsatz können die Brustwarzen eine Zeit lang geschont werden. Laut der Stillexpertin sollten sie nur in sehr gezielten Fällen eingesetzt werden. Denn die Hütchen können die Milchabgabe senken und irritieren das Saugverhalten des Kleinen. Das kann zu einer mangelnden Gewichtszunahme des Säuglings führen.
Fast jede Stillende erlebt, dass ihre Brust einmal an einer Stelle verhärtet ist und dort empfindlich auf Druck reagiert. Dann handelt es sich um einen Milchstau. Aus ihm kann schnell eine Brustentzündung entstehen. Daher sollte umgehend eine Fachperson kontaktiert werden.
Bewährt bei Milchstau sind diese natürlichen Mittel:
Warme Wickel: Brust-Umschläge mit einem warmen Hot Pack, Kirsch- oder Traubenkernsäckchen sind vor allem vor dem Anlegen zu empfehlen. Fünf Minuten reichen schon aus. Zum Erwärmen eignet sich die Mikrowelle nicht; es könnte zu Verbrennungen an der Brust kommen.
Kühle Wickel: Nach dem Stillen die Brust kühlen. Dafür ist Quark besonders geeignet, weil die darin enthaltene Milchsäure entzündungshemmend wirkt. Eine Schicht kühlen Quark auf ein Haushaltspapier streichen, falten und um die Brust legen. Brustwarze aussparen. Mit einem sauberen Tuch abdecken und locker mit dem BH fixieren. Eine Viertelstunde einwirken lassen.
Ausstreichen: Die Brust mit leichtem Druck von Achsel und Brustansatz Richtung Brustwarze massieren. Die richtige Technik vermitteln Fachpersonen. Ausstreichen bringt die Milch auch vor dem Anlegen zum Fliessen. Das Baby muss dann zu Stillbeginn nicht so fest saugen, was wunden Brustwarzen vorbeugt.
Häufig stillen: Gutes Entleeren der Brust ist für die Heilung zentral. «Am besten alle zwei bis drei Stunden das Kind zuerst an die betroffene Brust anlegen, es dafür auch ruhig aufwecken», rät die Stillberaterin. Mag das Kind nicht trinken, abpumpen oder ausstreichen. So oft wiederholen, bis die Brust weicher wird.
Eine Brustentzündung (Mastitis) ist eine ernsthafte Komplikation. Sie trifft rund zehn Prozent aller Stillenden. Die Brust ist dann verhärtet, gerötet, überwärmt und schmerzt. Schnell kommen Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen dazu. Dann ist eine engmaschige Betreuung durch eine Fachperson und Bettruhe nötig. Daneben sollten dieselben Massnahmen wie bei einem Milchstau durchgeführt werden.
Hilfreich sind dazu noch diese Tipps:
Kohlwickel: Die Blätter des Weisskohls enthalten entzündungshemmende Stoffe. Damit der heilsame Saft austreten kann, ein paar Blätter mehrfach knicken oder einritzen. Die Blätter um die Brust drapieren, dabei die Brustwarzen aussparen. Dann mit dem BH fixieren. Denise Degen rät, die Kohlwickel zwischen den Stillmahlzeiten ununterbrochen einwirken zu lassen.
Achtung: Verschlimmern sich die Beschwerden oder gehen sie durch natürliche Behandlung nicht binnen 48 Stunden zurück, muss eine Fachperson aufgesucht werden. Häufig ist eine Antibiotika-Therapie nötig. Diese ist aber kein Grund zum Abstillen. «Es gibt Antibiotika, die kaum in die Muttermilch übertreten und unbedenklich fürs Baby sind. Dasselbe gilt für bestimmte Schmerz- und fiebersenkende Mittel», sagt Stillberaterin Degen. Und fügt an: «Keine Frau muss diese Schmerzen ertragen.»