
Gianna König
Kurz gefragt
Erledigt und Konfetti
Wie bloss bekommt man im Familienalltag all die zahllosen Aufgaben in den Griff? Carolin Habekost weiss, wie es klappen kann. Ein Gespräch über lange Listen, gerechte Aufgabenteilung und kitschige Bilder im Kopf.
wir eltern: Frau Habekost, in Ihrem Buch stellen Sie die «Kopf-freiMethode – mehr schaffen, weniger tun» vor. Klingt gut, denn gerade in der Vorweihnachtszeit wissen Eltern nicht, wie sie alles unter einen Hut kriegen sollen.
Richtig. Diese ganze Überlastung kenne ich mit meinen drei Kindern nur zu gut. Erster Schritt, damit einen die ganzen To-dos nicht begraben: «Kopf-frei-Board» erstellen.
Das bedeutet?
Auf dem «Kopf-frei-Board» wird in einem ersten Schritt alles gesammelt, was erledigt werden muss: und zwar ALLES. Konkret ausformuliert samt Verb. Geschenk für die Oma kaufen, Matschhose waschen, Präsentation vorbereiten, Müll sortieren. Alles. Auch Ideen kommen drauf. Etwa: Spaziergang am 2. Weihnachtstag wäre schön.
Das wird aber eine erschlagend lange Liste.
Deshalb lautet Schritt zwei: Filtern. Alles streichen, was nicht unbedingt nötig ist oder jemand anderes erledigen kann. Wollen wir wirklich sämtlichen Geschwistern und der Klassenlehrerin eigenhändig ein Geschenk basteln? Streichen. Getreu der Devise: Weniger ist mehr. Anschliessend: Prioritäten setzen, To-dos entsprechend markieren und festlegen, wer «Head of» ist.
Head of?
Mein Mann und ich haben alle Zuständigkeiten klar geregelt. Ich bin etwa «Head of Wäsche, zu klein gewordene Kleidung». Er ist «Head of Fahrräder, Garten...» Ist das klar geregelt, erspart man sich, darüber jedes Mal neu zu diskutieren.
Klingt alles sehr aufwendig
Am Anfang ist es natürlich eine zeitliche Investition. Aber eine, die sich auszahlt, wenn man sich dran gewöhnt hat. In der Kürze ist die Methode der «agilen Planung» schwer darzustellen. Sie stammt aus der IT und dient dazu, Abläufe zu planen, die viel Unplanbares beinhalten. Ideal also für Familien. Deshalb stehen auf dem Board auch keine Zeiten, das stresst nur. Ausserdem hilft so ein Board beim Nein-Sagen.
Es ist also eine prächtige Argumentationshilfe gegen Chefs und Chefinnen, die ständig mit zusätzlichen Aufgaben ankommen?
Nicht nur gegen Chef:innen. Wenn man sagt: «Ich schau schnell aufs Board» und sieht, was da alles steht, dann passt einfach Zusätzliches nicht rein. Nein ist ein sehr gutes Wort.
Wenn ich mir die To-dos des heutigen Tages ansehe, wäre ein Nein vielleicht gut gewesen.
Gaaaanz ruhig durchatmen (lacht). Das Board macht einem Überforderung deutlicher und hilft, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, auszusortieren und dann alles organisiert abzuarbeiten und in die «erledigt und Konfetti»-Spalte zu ziehen.
Wie kommen Familien in den nächsten turbulenten Wochen zu mehr Konfetti-Momenten?
Bilder abklopfen.
Bilder abklopfen?
Es gibt ja diese Bilder im Kopf: Ich will mit den Kindern Schlitten fahren, danach heissen Kakao trinken und ihnen eine Geschichte erzählen. Am besten im Schaukelstuhl. Was bedeutet das Bild? Ich will es mit den Kindern muckelig haben. Das geht aber genauso gut, wenn ich das Schlittenfahren streiche. Ist eh kein Schnee. Notfalls auch den Kakao. Aber sich gemütlich gemeinsam unter eine Decke kuscheln und eine schöne Geschichte vorlesen, das geht. Spart Zeit und ist ganz wunderbar muckelig.
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C.Habekost: «Die Kopf-frei-Methode – mehr schaffen, weniger tun», Kösel, Fr. 28.–.
Carolin Habekost ist Kommunikationsspezialistin, Autorin, Unternehmensberaterin, Podcasterin und hat in der IT-Branche gearbeitet. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt die 39-jährige in Norddeutschland.