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Dafür & Dagegen
Schwanger heiraten: Hochromantisch oder ein Relikt?
Von Nadine Stock und Anna Kappeler
Schwanger heiraten findet Nadine megaschön. Mit dem Babybauch unter dem weissen Hochzeitskleid prangen jetzt auf den Erinnerungsfotos gleich zwei Highlights. Für Anna hätte das einen Beigeschmack von «das-müssen-wir-noch-Reinquetschen» vor der Geburt.
Dafür
Als wir im letzten November die Verhütung absetzten, schlug es «peng!» im ersten Monat ein. Im Januar machte mir mein Liebster den Heiratsantrag. Zuerst war ich etwas überrumpelt. Aber klar, ich wollte! Schliesslich wuchs bereits unser Kind in meinem Bauch. Wir heirateten an einem wunderschönen Sommertag, ich war im achten Monat schwanger. Dass wir noch vor der Geburt heiraten wollten, war für uns beide nur logisch. Aus vielen Gründen! Ich hätte niemals ein Fest mit 100 Leuten veranstalten wollen, denn ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Und hochschwanger musste ich mich nicht rechtfertigen für die kleine, aber wunderschöne Feier. Wir luden unsere 20 Lieblingsmenschen auf das Standesamt ein, um 23 Uhr war das Fest fertig. Alles am gleichen Tag, genau, wie wir es uns vorstellten.
Eine Geburt stellt das Leben der Eltern eh auf den Kopf – wir hätten nicht die Kapazität gehabt, später mit einem Neugeborenen noch eine Hochzeit zu organisieren. Ein weiterer Grund: der einheitliche Familienname. Damit zeigen wir auch gegen aussen, dass wir zusammengehören. Unsere Tochter hätte sonst bei der Geburt automatisch meinen Namen erhalten. Dann ist da die Absicherung für die Hinterbliebenen, falls ich oder mein Mann sterben sollte. Ich arbeite im Spital und weiss, was alles passieren kann. Und ehrlich, da gibt es auch noch einen ganz persönlichen Grund: Ich bin manchmal etwas streng mit mir und meinem Körper. Ich hätte mich ohne Schwangerschaft wohl noch zu einer Diät gezwungen, um für den grossen Tag meinem Ideal zu entsprechen.
Mit Baby im Bauch ein No-Go. Mit dem unter dem weissen Hochzeitskleid gut sichtbaren Babybauch prangen jetzt auf den Erinnerungsfotos gleich zwei Highlights: die Hochzeit und die bevorstehende Geburt unseres ersten Kindes. Megaschön!
war besonders gerührt, als sie erfuhr, dass ihr Mann vor dem Heiratsantrag ganz traditionell bei ihrem Vater um Erlaubnis für die Heirat gebeten hat.
Dagegen
Zu Beginn ein Geständnis. Mein schwangeres Ich wollte sie, so richtig, angerührt mit der grossen Kelle: die Bilderbuchhochzeit in einer mit Blumen geschmückten Kapelle (nein, ich war auch schwanger nicht religiös), Einzug im weissen Kleid, das den Babybauch betont, inklusive. Klingt nach einem wandelnden Klischee? Eben, finde ich auch. Heute. Nicht schwanger. Vor allem aber: Ich wollte das etwa fünf Tage lang (für meinen Freund waren das lange Tage). Dann nämlich, als wir für die Vaterschaftsanerkennung aufs Stadthaus mussten und später mit einem Versicherungsexperten unser beider Altersvorsorge vertraglich regelten. War unromantisch, zugegeben. Aber wichtig, Stichwort unbezahlte Care-Arbeit und Pensionskassen-Lücken.
Ich bin Team Emotionen, immer. Ich freue mich über jede Freundin, die schwanger heiratet. Weil: Auf die Liebe, auf das Wunder eines neuen Lebens! Da bin ich voll dafür. Sofern nicht ich die Braut sein muss. Für mich hat schwanger heiraten einen Beigeschmack: den vom Das-müssen-wir-noch-Reinquetschen. Husch, husch, bevor das Kind da ist. Husch, husch, ab aufs Standesamt, Trauzeugen aufbieten reicht, husch, husch, ein Apéro, eventuell ein Nachtessen im kleinen Kreis, und gut ist. «Das grosse Fest, das folgen wird», folgt meist – genau – nie.
Ist die Bauchhochzeit also Torschlusspanik? Ein Relikt aus Zeiten, in denen ein uneheliches Kind Sünde war? Ist es Romantik, Liebe? Der Wunsch nach Sicherheit oder auch, amtlich eine Familie mit gleichem Namen zu werden? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur: Ich will eine Hochzeit um der Hochzeit willen feiern, und nicht, weil ein Kind unterwegs ist. Und, übrigens: Das Leben ist auch als unverheiratete Eltern voll okay.
hofft noch immer auf eine Freundin, die sie eines Besseren belehrt und die auch schwanger so richtig feiert. Oder vielleicht heiratet Anna einfach selbst noch. Irgendwann.