
Christoph Hurni
Auszeit
Weekend im schönen Greyerzerland
Von Iwona Eberle
Sanfte Hügel, würziger Käse, wilde Schluchten und Schoggi satt – das Greyerzerland bietet alles für ein perfektes Wochenende. Mittendrin: das malerische Städtchen Gruyères.
Samstagmorgen


Bergseebaden und Schlucht
Was gibt es an einem warmen Sommertag Erfrischenderes, als in einen Bergsee zu springen? Die Halbinsel (Presqu’île) im türkisblauen Stausee Lac de Montsalvens ist ein angenehmer Ort dafür. Von einer Wiese aus blickt man auf einen Kranz voralpiner, bewaldeter Erhebungen. Man fährt nach Charmey, das acht Kilometer Luftlinie nordöstlich von Gruyères entfernt liegt, und wandert der Wegweisung «Presqu’île » folgend hangabwärts zur Fischerhütte (30 Min.). Von dort aus kann man am Seeufer weiterwandern und durch die grüne, zerklüftete Jaunbachschlucht (Gorges de la Jogne) nach Broc hinuntergehen (1 Std. 30 Min.). Je nach Blutzuckerspiegel peilt man zuerst die Schokoladenfabrik Maison Cailler an oder wandert direkt nach Gruyères weiter (1 Std.).
Wanderroute aus dem Buch «Wild und frisch – Romandie» und unter wegwandern.ch
Samstagnachmittag

Oh, là, là chocolat !
In einer Schokoladenfabrik zu sein, ist ein Traum vieler Kinder – und vieler Erwachsener, auch wenn sie es nicht zugeben. In Broc – 20 Gehminuten vom unteren Ende der Jaunbachschlucht und 10 Auto- oder ÖVMinuten von Gruyères entfernt – steht das Maison Cailler, das heute Nestlé gehört. Dort wird seit über 200 Jahren zartschmelzende Milchschokolade hergestellt. Auf einem Erlebnisrundgang verfolgt man in verschiedenen Räumen den einstigen Weg des Kakaos von Südamerika bis ins Greyerzerland. Man taucht in den Dschungel ein, wo Xocolatl ein Trank der Krieger war, in eine Kirche, die das Gebräu zuerst verteufelte, in Gemächer von Adligen, die ihn als Genuss- und Liebesmittel entdeckten, und kommt schliesslich im Schau-Produktionsbereich der Fabrik an. Dort sieht man Pralinen über ein Förderband laufen und kann Schokolade degustieren. Der Fabrikladen bietet reichlich Auswahl, um seine Vorräte für weitere Abenteuer im Greyerzerland aufzustocken. Da die Führungen im Maison Cailler oft ausgebucht sind, empfiehlt sich eine Reservation.
Sonntagmorgen

Alles Käse, oder was?
Wenn man schon mal im Land des Greyerzerkäses ist, bietet es sich an, ihm den Start in den Tag zu widmen. Aber Achtung: Man darf nicht zu lange schlafen, denn die Schaukäserei Maison du Gruyère produziert nur morgens Käse. In der Ausstellung kann man an Behältern mit Düften von Gräsern und Wiesenblumen schnuppern, man erfährt, wie viel Heu eine Kuh am Tag frisst – Spoilerwarnung: Es sind 100 Kilo ! – und von oben in die riesigen Kupferkessel hineinschauen, in denen die Milch erhitzt und gerührt wird. Nach dem fesselnden Betrachten der sich drehenden Milchmassen ist man wie hypnotisiert und kann gar nicht anders, als schnurstracks ins Besucherrestaurant zu zotteln und eine Rösti mit geschmolzenem Gruyère zu bestellen.

Von zauberhaft bis schaurig
Jeder hat es schon auf Wandkalendern mit Schweizmotiven gesehen: das mittelalterliche Gruyères mit seinem Schloss, das vor einer Voralpenkulisse auf einem Hügel thront. Wenn man durch seine Kopfsteinpflastergasse schlendert, fühlt man sich wie in einen Mittelalterfilm versetzt. Nur die vielen Touristen, die ihre Gabeln an Tischen in dampfende Fonduecaquelons stecken, stören die Illusion. Zuoberst im Städtchen erwartet einen das Schloss, wo man durch Räume mit Rittertafeln und Prinzessinnenbetten und einen zauberhaften Blumengarten wandeln kann. Die Altstadt von Gruyères ist aber auch für das Tibetmuseum und das HR Giger Museum bekannt. Das erste hat eine mystische Atmosphäre. Es ist in einer ehemaligen alten Kirche untergebracht, und vor den nachtblau gestrichenen Wänden strahlen die goldenen Buddhas wie in einer Schatzkammer. Leider fehlen Erklärungen zu den Objekten. Das zweite Museum ist für Kinder wegen Sex- und Gewaltdarstellungen nicht geeignet; wer älteren Kindern den international bekannten, polarisierenden Künstler aber näherbringen oder ihnen ein Gruselerlebnis schenken möchte, kann in der Bar HR Giger gegenüber dem Museum Kuchen essen. Das dortige Bogengewölbe ist reich mit Gipsnachbildungen menschlicher Knochen geschmückt. Bon appétit !

Sonntagnachmittag

Insel voller Geheimnisse
Die kleine Ogoz-Insel im Greyerzersee mit den zwei verfallenen alten Türmen scheint von einem Geheimnis umflort. Es würde einen nicht wundern, wenn dort Zauberer hausen würden. Tatsächlich hat die Insel eine besondere Geschichte: Bis ins 20. Jahrhundert war sie noch gar keine Insel, sondern ein Hügel in einer Schlaufe der Saane. Darauf gab es eine kleine Siedlung, die im 13. Jahrhundert gebaut und im 15. Jahrhundert teilweise wieder abgebrochen wurde. 1948 wurde die Saane zum Greyerzersee aufgestaut, und aus der Halbinsel wurde eine ganze. Am flachabfallenden Strand von Pont-en-Ogoz kann man gut baden und hat einen schönen Blick auf die Insel. Um sie zu erreichen – sie liegt 400 Meter vom Strand entfernt –, nimmt man am besten ein Stand-up-Paddle-Board oder ein Gummiboot mit. Am Sonntagnachmittag hat man eine Alternative dazu: Dann fährt ab dem Hafen von Le Bry, ein paar Gehminuten vom Strand von Pont-en-Ogoz entfernt, ein Ausflugsschiff zur Insel (Rundfahrten 1 Std. 30 Min.). Auf einen der Türme auf der Insel kann man hinaufsteigen. Zum Sonnenbaden bietet sich die kleine Wiese neben der Kapelle an. Der Strand von Pont-en-Ogoz ist 20 Auto- bzw. 50 ÖV-Minuten von Gruyères entfernt.

Fribourg Tourisme
Dieses Buch führt Abenteurer:innen, Wasserratten und Geniesser jeden Alters an spektakulär schöne Orte am Wasser in der französischsprachigen Schweiz, auch viele in der Region Gruyère.
100 Badeplätze mit lauschigen Stränden, jadegrünen Flussbecken, dramatischen Felswänden und stiebenden Wasserfällen werden in Bild und Text präsentiert. Sie sind alle in höchstens einer Stunde zu Fuss ab ÖV-Haltestelle oder Parkplatz erreichbar. Dank Karten, Koordinaten und genauer Beschreibungen des Zugangs erreicht man sie auf dem einfachsten Weg. Viele Tipps zur Sicherheit und Hinweise auf gemütliche Gartenrestaurants komplettieren den Führer.
Iwona Eberle, Wild und frisch – Romandie: Die schönsten Badeplätze an Seen, Flüssen und Wasserfällen, Salamander Verlag 2025. 264 Seiten, ca. 40 Fr..