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Mamaversum
Fuck! Fuck! Fuck!
Von Maja Zivadinovic
Wenn «Scheisse» Gaggi ist und «Fuck» schlimmer als Scheisse: Ist «Fuck» dann Durchfall? Mit dieser und anderen spannenden Fragen ihres Fünfjährigen beschäftigen sich aktuell unsere Kolumnistin Maja und der Kindsvater.
Offiziell ist es natürlich nicht lustig, wenn ein Fünfjähriger «Fuck» sagt. Ich muss dennoch (heimlich) lachen, als es meiner neulich tut. Er sitzt am Boden, bastelt, plaudert vor sich hin. Dann schmeisst er sein Werk in die Ecke. «Fuck». Er sagt es nicht einmal. Er sagt es ungefähr zehn Mal. Es wird auch immer lauter und lauter. Ich frage, ob er weiss, was das denn heisst. Er weiss es nicht. Aber die Grossen im Hort sagen das, wenn sie hässig sind. Was «Fuck» denn heisst, will das Kind wissen. Ich versuche, kindergerecht zu erklären. Und scheitere. Das Wort sei ähnlich wie «Scheisse», einfach schlimmer, sage ich. Das reicht meinem Sohn natürlich nicht. Er will es ganz konkret wissen. «Scheisse» heisse ja «Gaggi». «Ist ‹Fuck› also Durchfall, oder was!?» Ich schaffe es, das Kind abzulenken. Stunden später erinnere ich es an unsere FluchRegeln: Es darf daheim so viel ins WC fluchen, wie es will. Draussen darf es statt «Scheisse» «Scheibe» sagen. «Und Fuck, Mama?» Fuck nicht, sage ich. Ein paar Tage später hole ich den Buben vom Kindergarten ab. Er stürmt auf mich zu, strahlt mich an und sagt «Hey Bro». Mein Sohn hat mich gerade mit «Hey Bro» begrüsst. Und ich? Ich lache. Mir ist bewusst, dass das nicht der «richtige Weg» ist. Man sollte natürlich nicht lachen. Man sollte sagen, dass man so nicht mit den eigenen Eltern spricht. Dass das keine schöne Sprache ist. Blabla. Ich machs etwas anders. Ich geb‘ dem Kind ein «High five» und begrüsse es ebenfalls mit «Hey Bro».
Das ist doch nätt, gäll?
Fröhlich spazieren wir nach Hause. Ich will wissen, woher der Ausdruck kommt. Ganz genau weiss es das Kind nicht. Nur so viel: Wenn die Grossen im Hort etwas mega cool finden, dann sagen sie «Bro». Und wenn sie gut befreundet sind, dann sagen sie einander «Bro». «Das ist doch nett, gäll Mami!? Und weil ich dich auch gern habe, kann ich ja auch ‹Bro› sagen, gäll Mami!?» Und übrigens, also die Grossen, die Bros, die haben imfall schon ein Handy, erfahre ich. Wann er denn eeendlich eins bekomme, fragt der Fünfjährige. Und ob er schon genug Geld auf dem Sparkonto hat, um sich eines zu kaufen. Was er denn mit einem Handy will. «Mamaaaa, was für eine Frage, gamen und Youtube Kids schauen.» Ich vertage die Diskussion auf rund zehn Jahre später. Findet das Kind natürlich uncool. Seinem Unmut macht er mit noch mehr Sprache Luft. Nach einem harmlosen «du nervst» und «ich spiele nie mehr mit dir», sagt mein Kind: «Mama, säg mal acht!» Ich sag «acht». «Du häsch id Hose gmacht!» Wir lachen. Dann setzt er noch einen drauf: «Mama, säg mal schmusäää!» «Schmusäää!» «Du häsch grossi Buuse!» Ich lache, er lacht, die Handy-Diskussion ist vergessen. Stunden später ist Zubettgehzeit. Davor muss unser Sohn aufräumen. Findet er «Fuck». Er findet das so «Fuck», dass er ins Bad rennt, den WC-Deckel öffnet und reinflucht. Mein Freund und ich highfiven uns. Ins WC fluchen ist abgemacht, okay. Kurze Zeit später tönt es so: «Papa, säg mal Stern!», «Stern», sagt besagter Papa. «Ich han dich gärn!» Papa will grad schmelzen, wird aber unterbrochen: «Also, chasch mer jetzt hälfe ufruume, Bro!?»
Über Umwege, die sie als Reiseleiterin in die Türkei und an den Empfang von «Tele Züri» führten, landete Maja Zivadinovic im Journalismus. Zusammen mit Yvonne Eisenring und Gülsha Adilji machte sie seit 2021 den Podcast Zivadiliring. Ihr Lieblingsjob ist aber ein anderer: Seit Juni 2020 ist sie Mami eines Buben.
