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Debatte
Hausaufgaben - muss das wirklich sein?
Sind Hausaufgaben wichtig, damit das Gelernte verfestigt werden kann, wie unsere Autorin Caren argumentiert? Oder ist es so wie Autorin Anita sagt, dass Hausaufgaben zusätzliche Arbeitszeit für Kinder sind und nichts bringen? Eine Debatte.
Dafür
Darf man halbherzig argumentieren? Ja, warum eigentlich nicht? Die meisten Streitthemen sind ohnehin zu komplex für ein knackiges Schwarz oder Weiss. Hausaufgaben beispielsweise. Nein, natürlich bin ich nicht dafür, dass Schulkinder längere Arbeitszeiten haben als jeder Erwachsene und abends, wenn andere Menschen die Füsse hochlegen, erst mal so richtig loslegen müssen mit ihren Ufzgis. Aaaaber… jetzt kommts: Ganz ohne Überzeit wirds wohl auch nicht gehen. Wie sonst sollen Vokabeln in Kinderköpfe? Welche Alternative gibt es zum Lernen und Abfragen bei Deklinationen, Konjugationen und Hauptstädten? Wo lässt sich der Roman, der im Unterricht besprochen wird, gemütlicher lesen als zu Hause auf der Couch?
Wie sonst sollen Kinder merken, ob sie den Schulstoff verstanden haben, wenn sie es nicht mal allein, daheim in ihrem stillen Kämmerlein, selbst ausprobieren? Und ich meine: selbst. Dass sich in vielen Familien nach Feierabend die Eltern dahinterklemmen, Aufsätze pimpen, Dreisätze berechnen und Powerpoint-Präsentationen erstellen, ist ein Ärgernis. Vor allem, weil so die soziale Schere ständig weiter aufgeht. Schliesslich hat nicht jedes Kind Eltern daheim, die beim Ablativus absolutus mal eben kurz aushelfen können. Aber wo war ich? Ach ja: Hausaufgaben. Ja, ich bin dafür, weil es ohne Sacken-Lassen, Üben und nochmal Üben halt nicht geht. Doch – hier ein Vorschlag zur Güte – wie wäre es mit Hausaufgabenstunden in der Schule mit einer Lehrperson vor Ort, die zur Not helfen könnte? Oder Absprachen zur täglichen Ufzgi-Menge unter den Lehrer:innen? Vielleicht müssen neue HausaufgabenLösungen erdacht werden. Nur ein steiles «weg damit!» ist mir zu einfach.
ist sich darüber im Klaren, wie Tiger-Mom-mässig ein Plädoyer für Hausaufgaben klingt. Sie hat aber festgestellt, dass man als Mama nicht drumherum kommt, auch Unbeliebtes zu vertreten.
Dagegen
Ja, wir hatten tatsächlich ein solches Kind. Eine stille Schafferin, ehrgeizig, konzentriert, koordiniert. Während sie arbeitete, lasen WIR die Romane auf der Couch in hyggeliger Atmosphäre. Bei den anderen drei Kindern aber wurde der Küchentisch – eigentlich der schönste Ort einer Familie – zum Kampfplatz. Es rauchten Köpfe, knallten Türen und es flossen viele, viele Tränen. Und oft kam ich mir in diesem Drama einfach nur falsch vor. Man muss es einfach sagen, wie es ist: Hausaufgaben sind Überstunden. Die Kinder müssen nach einem anstrengenden Arbeitstag wieder und wieder ran. Dann, wenn jeder Arbeitnehmende längst Feierabend hat. Wer jetzt sagt, die Kinder hätten ja keine 40 Stunden-Arbeitswoche: Ja hoffentlich nicht. Es sind Kinder! Für Familien fallen komplette Wochenendaktivitäten weg, weil neben dem Lernen für Tests auch noch Hausaufgaben erledigt werden müssen. Werden sie nicht gemacht, gibts im Zeugnis Einträge. Diese Dubist-unzuverlässig-Stempel spielen eine Rolle bei der Lehrstellensuche. Ist dieser fehlerhafte, junge Mensch faul? Kann man ihn in der fordernden Wirtschaftswelt brauchen?
Aber wir hatten Glück. Irgendwann waren da Lehrerpersonen, die Hausaufgaben konsequent abschafften. Sind unsere Kinder deswegen schlechter geworden in der Schule? Nein. Aber sie wurden entspannter. Sie durften sich auch mal ausruhen, waren besser gelaunt, nicht permanent überfordert. Danke euch Lehrpersonen, dass ihr die psychische Gesundheit der Kinder im Fokus habt und nicht überflüssige Beschäftigungsmassnahmen verordnet, die niemandem was bringen. Was übrigens Studien bestätigen: Hausaufgaben bringen nichts.
mag – wie ihre Kinder – Hausaufgaben überhaupt nicht. Aber sie mag Lehrpersonen, die die psychische Gesundheit der Kinder im Fokus haben.